Konferenz
Demokratiegeschichte im deutsch-polnischen Kontext. Internationale und interdisziplinäre Nachwuchstagung
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Die gesellschaftlichen Demokratisierungsprozesse, wie sie im breiten europäischen Kontext für das 20. Jahrhundert konstitutiv sind, reichen zurück auf politische, soziale und kulturelle Veränderungen, die sich bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts abzuzeichnen begangen. Gerade für die multiethnischen Regionen Ostmitteleuropas, die bis zum Ende des Ersten Weltkriegs von großen Imperien beherrscht wurden, kann von einer Korrelation zwischen den sich formierenden Nationalbewegungen und gesellschaftlichen Demokratisierungsprozessen ausgegangen werden. Erste Bewährungen für die „demokratische Reife“ der sich formierenden Nationalstaaten war das Ende des Ersten Weltkriegs, in dessen Zuge sie die institutionellen Verankerungen als junge Demokratien erfuhren, deren politische Systeme im Laufe der „Zwischenkriegszeit“ jedoch durch autoritäre Regime ersetzt wurden. Nach den totalitären Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg und nach den darauf folgenden sozialistischen Regimen entwickelten sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Zuge der Oppositionsbewegungen erneut demokratische Bewegungen, die sich mit der politischen Wende 1989/90 durchsetzen konnten.
Demokratiegeschichte im 20. Jahrhundert bedeutet demnach eine stete Auseinandersetzung mit demokratischen Konzepten, die sich wiederum in Prozessen der Demokratisierung und Entdemokratisierung manifestiert, und deren Beginn bzw. Ende jeweils als Zäsuren darstellbar sind (zäsurgeschichtliches Konzept). Demokratie soll dabei nicht nur als politisches Konzept im Sinne einer Partizipation an staatlicher Macht verstanden werden, sondern im weitesten Sinne auch als gesellschaftliches Moment, das auf Entprivilegierung und Gleichberechtigung zielt. Im deutsch-polnischen Kontext bedeutet Demokratiegeschichte auch immer wieder eine Auseinandersetzung mit der problematischen Vergangenheit beider Völker und im ostmitteleuropäischen Kontext allgemein mit der multiethnischen Gemengelage und den daraus resultierenden unterschiedlichen Interessen.
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