Neue Studie zum politischen Wissen bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund

Eine Studie der Universitäten Würzburg, Hamburg und Mannheim bei über 1.500 Jugendlichen mit Migrationshintergrund aus Bayern und Hamburg zeigt, dass diese entgegen der allgemeinen Vermutung über demokratische Prozesse genauso gut Bescheid wissen wie Jugendliche deutscher Herkunft.
Für die Studie mussten die Jugendlichen einen Wissenstest mit Fragen rund um das Thema „Demokratie“ bearbeiten. Dabei ging es beispielsweise um die die Häufigkeit von Bundestagswahlen, die gesetzgebenden Institutionen in Deutschland oder um Meinungs- und Religionsfreiheit. Für die Antworten gab es Punkte auf einer Skala von 0 (kein Wissen) bis 10 (hohes Wissen).
Auf der Suche nach Erklärungen für dieses Ergebnis haben sich die Wissenschaftler angesehen, auf welchen Wegen sich die Jugendlichen über Politik informieren. „Die gehen natürlich alle in die Schule und lernen in entsprechenden Fächern etwas über das demokratische System Deutschlands“, so Professor Reinders von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Allerdings weisen Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund andere Schwerpunkte bei der Mediennutzung auf. Während Jugendliche mit Migrationshintergrund zu 76 Prozent insbesondere das deutschsprachige Fernsehen einschalten, sind es bei deutschen Jugendlichen nur 65 Prozent, ein statistisch bedeutsamer Unterschied. Auch das Internet als Informationsquelle ist bei Migrantenjugendlichen (49 Prozent) beliebter als bei deutschen Gleichaltrigen (27 Prozent). Demgegenüber lesen deutsche Jugendliche häufiger Tageszeitungen (40 gegenüber 35 Prozent).
Reinders sieht in der Art des Medienkonsums durchaus Zusammenhänge zu den in der PISA-Studie festgestellten Unterschieden in der Lesekompetenz. „Wenn ich nicht so gut darin bin, deutsche Texte zu lesen, dann bieten sich das Fernsehen und kurzweiligere Internetseiten natürlich eher an als Zeitungen“, meint Reinders und ergänzt, dass gleichwohl die Feststellung wichtig sei, dass die Migrantenjugendlichen deutschsprachige Medien intensiv nutzten.
Weil eine frühere Studie mit Grundschülern gezeigt hatte, dass Migrantenkinder in der Grundschule noch deutlichen Aufholbedarf im politischen Wissen haben, hat dieser fehlende Unterschied bei Jugendlichen die Wissenschaftler überrascht. „Wir müssen da offen zugeben, dass wir hierfür noch keine schlüssige Erklärung haben. Wir waren einfach zu überrascht“, so Reinders.

Der aktuellen Studie zugrunde lagen Befragungen von 1.577 Sechstklässler an Hauptschulen (40,3 Prozent), Realschulen (22,8 Prozent), Gesamtschulen (3,3 Prozent) sowie Gymnasien (8,6 Prozent) in Bayern und Hamburg im Frühjahr 2010. Von allen  befragten Jugendlichen hatten dabei 59% einen Migrationshintergrund. Innerhalb der Migrantenjugendlichen stellte den größten Teil die Gruppe türkischer Herkunft (37,9 Prozent), gefolgt von Jugendlichen aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens (11,2 Prozent).

Weitere Informationen:
http://www.bildungsforschung.uni-wuerzburg.de

 

Redaktion (ph)